Das eGD ist eine der wichtigsten Neuerungen in unserem Gesundheitssystem in Jahrzehnten. Ab 1. Juli werden diagnostische und therapeutische Patientendaten auf die neue eGD-Plattform geladen. Damit ist sichergestellt, dass sämtliche behandelnden Ärzte immer auf die aktuellen Patientendaten zugreifen können. So soll die Behandlungsqualität bei Patienten verbessert bei gleichzeitiger Senkung der Behandlungskosten. Patienten erhalten stärkere Kontrolle über ihre Patientendate, indem sie jederzeit entscheiden können, welche Daten sichtbar sind.

Neue Technologien bieten immer neue Chancen und Risiken. Somit werden die grossen Verbesserungen beim Informationsaustausch auch von Bedenken zu Datenschutz und Sicherheit begleitet. Weil das Thema für viele Einwohner Liechtensteins noch zu wenig greifbar ist, hat die Liechtensteiner Patientenorganisation am 7.6.2023 in der Weinstube in Nendeln ein Podiumsgespräch zum eGD mit wichtigen Vertretern unseres Gesundheitssystems organisiert. Zu Gast waren:

  • Regierungsrat Manuel Frick, Ministerium für Gesellschaft und Kultur
  • Dr. Norbert Hilty, Facharzt für Dermatologie und Venerologie, Gründungsmitglied des Vereins eHealth Liechtenstein
  • Thomas Hasler, Geschäftsführer Liechtensteinischer Krankenkassenverband LKV
  • Sandra Copeland, Spitaldirektorin des Landesspital Liechtenstein
  • Jakob Becker, Experte fürs eGD, Amt für Gesundheit
  • Peter Gstöhl, Amtsstellenleitung Amt für Gesundheit

Durch den Abend führte Josef Marxer, Präsident der Liechtensteiner Patientenorganisation LIPO. Die LIPO bedankt sich bei den Teilnehmern und der Teilnehmerin für die engagierte und sachliche Diskussion.

In Liechtenstein ist die Einführung des neuen elektronischen Gesundheitsdossiers eGD in vollem Gange. Ab dem 1.7.2023 sind unter anderem die Ärzte verpflichtet, Patientenakten, Laborbefunde, Diagnosen etc. auf die neue Plattform hochzuladen.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die CONCORDIA ihren Vertrag mit den Hirslanden Kliniken gelöst. Aufgrund des vertraglosen Zustandes gewährt die CONCORDIA ihren Versicherten in der Privat- bzw. Halbprivatabteilung Spital stationär keine (volle) Kostendeckung mehr.

Da die Hirslanden Klinik Zürich für die meisten Liechtensteiner Patienten mit Herzerkrankungen die erste Adresse für notwendige stationäre Behandlungen darstellt, hat dieser Entscheid auch für viele Versicherte in Liechtenstein negative Konsequenzen.

Wie einer Pressemitteilung der Hirslanden Klinik zu entnehmen ist, hat sich die CONCORDIA entschieden, keine Kostendeckung in der privaten oder halbprivaten Abteilung der Andreas Klinik Cham und Klinik Hirslanden Zürich mehr zu übernehmen. Sie verweigert ihren zusatzversicherten Patientinnen und Patienten die Erteilung von Kostengutsprachen für Eintritte an der Andreas Klinik ab dem 13. Juni 2022 und der Klinik Hirslanden ab dem 18. Juli 2022.

Der Entscheid gilt auch für CONCORDIA Versicherte, welche nach einem Eintritt via die Notfallstation stationär behandelt werden müssen.

Gemäss Hirslanden begründet die CONCORDIA diesen Entscheid damit, dass die Preisforderungen der beiden Kliniken nicht gerechtfertigt seien. Fakt sei, dass die zur Verhandlung stehenden Spitaltarife der beiden Kliniken zwischen CONCORDIA und Hirslanden bereits seit rund vier Jahren unverändert Anwendung gefunden haben und damals gemeinsam vertraglich vereinbart wurden. Hirslanden habe zudem in der laufenden Verhandlungsrunde trotz erfahrener Kostenerhöhung infolge der Covid-19-Pandemie und der aktuell anziehenden Inflation Hand zu tieferen Preisen geboten, lehne aber die Dumping-Preisstrategie seitens CONCORDIA gegenüber Spitälern ab.

CONCORDIA Liechtenstein (www.concordia.li) informiert ihre Versicherten auf ihrer Homepage darüber, dass bei Aufenthalten in der privaten oder halbprivaten Abteilung in der Klinik Hirslanden in Zürich bei einem Spitaleintritt ab Montag, 28. Juli 2022, keine volle Kostendeckung mehr bestehe. Als Alternativen werden dem Versicherten der stationäre Aufenthalt in der allgemeinen Abteilung der Klinik Hirslanden in Zürich geboten, oder die Behandlung in der privaten oder halbprivaten Abteilung eines anderen Spitals mit voller Kostendeckung. Darüber hinaus zieht sich die CONCORDIA darauf zurück, dass die Privatklinik eine Aufklärungspflicht habe und die Patientinnen und Patienten rechtzeitig vor Spitaleintritt über den vertragslosen Zustand informieren müsse. Versicherte, die sich trotz dem ab dem genannten Datum in der privaten oder halbprivaten Abteilung dieser Privatklinik behandeln lassen, müssten die Kosten selber tragen.

Die Uneinigkeiten werden so auf dem Buckel der Versicherten ausgetragen. Die LIPO hat schon mehrfach darauf hingewiesen, dass in der Versicherungspolice des Zusatzversicherten die freie Spitalwahl welt- bzw. schweizweit zugesichert wird. Wenn der Zusatzversicherte die teuren Prämien bezahlt hat, hat er seinerseits die vertraglichen Bestimmungen eingehalten und damit Anspruch auf die volle Leistung. Wie aber steht es mit der Erfüllung der Vertragspflicht seitens der Krankenkasse, im vorliegendem Fall der CONCORDIA?

 

 

 

Nein zum Leistungsaufschub!

Die Liechtensteiner Patientenorganisation (LIPO) lehnt einen Leistungsaufschub ausdrücklich ab. Es kann nicht sein, dass ein Patient  medizinisch notwendige Leistungen nicht erhält, weil er bei seiner Kasse im Zahlungsverzug ist. Das widerspricht gänzlich dem Grundgedanken der obligatorischen Krankenversicherung und führt zu hohen Folgekosten, wenn unbehandelte bzw. nicht diagnostizierte Krankheiten notfallmässig doch von den Kassen zu bezahlen sind. Abgesehen davon können auch Personengruppen, etwa Kinder/Jugendliche über 16 Jahren ganz unverschuldet von einem Leistungsaufschub betroffen sein, wenn ihre Eltern im Zahlungsverzug sind.

Das heisst nun nicht, dass damit ein Freipass ausgestellt werden soll, sich auf Kosten des Versichertenkollektivs seiner Zahlungsverpflichtungen zu entziehen. Die Zahlungsausstände sollen wie bis anhin nötigenfalls durch eine Exekution eingebracht werden. Bei rund 40 000 Versicherten wurden rund 290 Leistungsaufschübe verhängt, also lediglich bei 0.7% der Versicherten. Durch die vom Landtag beschlossene Ausweitung der Prämienverbilligung wurde ein wichtiger und richtiger Schritt gesetzt, die Prämienbelastung für viele deutlich zu verringern, sodass viele gar nicht mehr in diesen finanziellen Engpass geraten.

2012 führten neun Schweizer Kantone den Leistungsaufschub – auch «schwarze Listen» genannt – ein. Die Erfahrungen zeigen nun, dass die Massnahme seine abschreckende Wirkung verfehlte und dabei hohe administrative Kosten entstanden sind. So wurden in manchen Kantonen diese schwarzen Listen bereits wieder abgeschafft und weitere dürften folgen.

Nein zur Auszahlung der Prämienverbilligung (PV) direkt an die Kassen

Hinter dem Gesetzesvorschlag, die PV direkt an die Kassen anzuführen, steckt das Misstrauen, dass der Bezüger seine PV nicht zweckgemäss einsetzen könnte. Von wenigen Einzelfällen abgesehen, trifft dies nicht zu. So gibt es auch keinerlei Erkenntnis, dass Bezüger einer PV häufiger von einem Leistungsaufschub betroffen waren als andere Bevölkerungsgruppen.

Wie in der Diskussion zur PV im Landtag von einigen Abgeordneten richtig angeführt wurde, ist die tiefe Nutzungsquote der PV zu einem guten Teil auf die  Scham zurückzuführen ist, seine finanzielle Situation dem Amt offenzulegen. Nun soll auch noch die Kasse darüber Kenntnis erlangen.

Während das Amt die Einkommensverhältnisse zur Prüfung der Anspruchsberechtigung und der Höhe der PV kennen muss, sind für die Kassen diese Informationen nicht nötig und wird als ein weiterer Eingriff in die Privatsphäre des PV-Bezügers wahrgenommen, wodurch die Nutzungsquoten kaum erhöht werden können. Und das, obwohl der PV-Bezüger seine Prämien im Voraus pünktlich zahlt, die PV aber frühestens Ende des folgenden Jahres aufgrund einer rechtsfähigen Steuerveranlagung ausbezahlt wird.

Darüber hinaus wird bei den Kassen ein zusätzlicher hoher Verwaltungsaufwand geschaffen, der zwar von den Versicherten gedeckt werden muss, jedoch völlig unnötig ist.

Der Landtag ist aufgerufen, den Leistungsaufschub, der zwischenzeitlich vom Staatsgerichtshof aufgehoben war, nicht wieder auf Gesetzesebene einzuführen, wie die Regierung dies vorschlägt, und die bisherige gesetzliche Regelung der Auszahlung der Prämienverbilligung an den Anspruchsberechtigten zu belassen.

Der Liechtensteiner Krankenkassenverband (LKV) hat schon mehrfach angetönt, dass unsere Krankenkassen im Bereich der Spital-Zusatzversicherungen vom Eintrittsalter auf das Lebensalter umstellen wollen. Das Thema hat der Landtagsabgeordnete Johannes Kaiser in einer Interpellation aufgegriffen. Nach deren Beantwortung durch die Regierung hat das Volksblatt letzte Woche (Mittwoch, 14. November) auf der Titelseite darauf Bezug genommen. Den Krankenkassen gemäss müssten mit einem Systemwechsel junge Versicherte dazu gebracht werden, Zusatzversicherungen abzuschliessen, um die Zukunft der Kassen zu sichern. Die Gruppe der Zusatzversicherten werde immer älter und das Versicherungskollektiv dadurch durchschnittlich teurer. Das gegenwärtige System (Eintrittsalter) müsse durch jüngere und gesündere Zusatzversicherte quersubventioniert werden. Die Kassen schlagen deshalb „altersbezogene Tarife bei Zusatzversicherten“ an.

Im Klartext heisst das, dass für die Zusatzversicherten mit jedem Lebensjahr die Prämien automatisch ansteigen und im Alter so hoch sind, dass viele Zusatzversicherte sich diese Prämien dann nicht mehr leisten können. Über die Jahrzehnte kann ein Versicherter vielleicht 100’000 Franken in die Zusatzversicherung stecken und so die Leistungen für andere solidarisch mitfinanziern, nicht quersubventionieren, nur um die Zusatzversicherung gerade dann zu verlieren, wenn er oder sie selbst davon profitieren sollten. Auch wenn für die heutigen älteren Versicherten und Senioren grosszügige Übergangsregelungen geschaffen würden, laufen gerade für die jungen Versicherten, die mit tieferen Prämien als dies heute der Fall ist geködert werden sollen, in die Falle und werden im Alter richtig zur Kasse gebeten. Auch wenn die Kassen verlauten lassen, dass dies in der Schweiz schon seit längerem möglich sei, trifft das Vorhaben keinesfalls die Interessen der Versicherten. Mag sein, dass dieses Modell, theoretisch, die Kosten risikogerechter auf die Altersgruppen verteilt, wie die Regierung schreibt. Doch was nützt eine Krankenkasse, die man sich im Alter nicht mehr leiten kann? Offensichtlich haben die jüngeren Versicherten in der Schweiz die Mogelpaket erkannt und verzichten darum auf eine teure Zusatzversicherung.

In der ganzen Diskussion ist bisher völlig untergegangen, dass bereits im heutigen System, also Prämienfestsetzung nach Eintrittsalter, die Prämien nach Alter gestuft sind. Wer als Kind bzw. bereits als junger Erwachsener eine Spitalzusatzversicherung abschliesst, bleibt in dieser Kategorie und bezahlt tiefere Prämien als wenn er erst mit 50 Jahren eine Zusatzversicherung abschliesst. Dieses System berücksichtigt – und honoriert! – die Solidaritätsleistung eines bereits seit Jahrzehnten Versicherten.

Die Liechtensteiner Patientenorganisation LIPO lehnt einen Systemwechsel zum Lebensalter ab und hält ein solches Vorhaben gerade jungen Versicherten gegenüber für unseriös.

Am 16. Mai durften wir in der alten Mühle in Vaduz bereits die 12. Hauptversammlung der LIPO abhalten. Der Facharzt FMH für Innere Medizin, Allergologie und Klinische Immunologie Dr. Markus Gassner aus Grabs, wusste das anwesende Publikum mit spannenden Fakten über die Erfolgsgeschichte und die grosse Bedeutung des Impfens zu faszinieren. Die Präsentation können Sie hier downloaden:

Impfungen: Zum Schutze einer Person oder der Bevölkerung

Die LIPO hat sich schon früh im Gesetzgebungsprozess zum KVG zu negativen Entwicklungen für die Bevölkerung geäussert und seither wiederholt die Ausweitung des Prämienverbilligungssystems (PVS) gefordert – leider bisher erfolglos.

Durch Ausweitung des PVS könnte die untere Mittelschicht, der besonders stark unter hohen Prämien und Kostenbeteiligungen leidet, gezielt entlastet werden.

Auch die hohe Kostenbeteiligung muss deutlich verringert werden (nicht umsonst hat der Schweizer Nationalrat gerade erst eine Erhöhung der Franchise von 300 auf 350 Franken abgewiesen in Liechtenstein beträgt diese immerhin 500 Franken).

Die LIPO hat sich auch mehrfach gegen den Leistungsaufschub gewendet und hat das Problem auch im Seminar zur Weiterentwicklung des liechtensteinischen Gesundheitswesens thematisiert – auch dies war bisher erfolglos. Erst nach einer Klage von anderer Seite, hob der Staatsgerichtshof (StGH) diese Woche den Leistungsaufschub auf, da er wohl zu hob dieser den Leistungsaufschub auf, da eine gesetzliche Grundlage fehlt.

Die LIPO ist in ihrer täglichen Arbeit für ihre Klienten direkt konfrontiert mit den Auswirkungen und Belastungen von hohen Prämien, Kostenbeteiligungen und Leistungsaufschüben auf Versicherte und Patienten – die angefragten Beratungsleistungen sind in den letzten Jahren denn auch massiv gestiegen.

Die LIPO stellt auch fest, dass in anderen Versicherungszweigen, vornehmlich der Taggeld-Versicherung, die Versicherten im Anlassfall immer grössere Mühe haben, ihre Ansprüche gegenüber den Krankenversicherungen durchzusetzen und hat auch hier schon etliche Vorstösse unternommen. Konnten in Einzelfällen – auf Gerichtswege – die Ansprüche der Versicherten gegenüber den Kassen durchgesetzt werden, waren die Vorstösse der LIPO auf politischem Gebiet bislang erfolglos.

Die LIPO kommt nicht umhin, vor weiteren Einschränkungen für Patienten und Versicherte zu warnen: sollte die liechtensteinische Politik die in der Schweiz diskutierten und kurz vor der Einführung stehenden Globalbudgets übernehmen, wird der Versicherte und Patient für seine hohen Prämien auch noch reduzierte Leistungen bekommen, denn Globalbudget ist ein Kostendach für sämtliche Medizinische Leistungen in einem Jahr und zwingt etwa Spitäler und Arztpraxen zu einem strengen Budgetdisziplin bei Behandlungen. Somit führt ein Globalbudget zur Leistungsrationierung bei jedem Patienten und damit zur Verschlechterung unserer Versorgungssicherheit.

Wenn Versicherte und Patienten nun selber ihre Forderungen in der Öffentlichkeit vortragen, erstaunt das nicht, ist im Gegenteil folgerichtig.

Die LIPO unterstützt klar die Forderung nach Entlastung der Bevölkerung, insbesondere bei der unteren und mittleren Einkommensschichten, und fordert die Ausweitung des PVS und Senkung der Kostenbeteiligung.

Das Prämienverbilligungssystem wurde im Jahre 2000 als Bestandteil des Hausarzt – systems eingeführt. Nur Personen, die im Hausarztsystem versichert waren und deren Einkommen unter den gesetzlich festgelegten Obergrenzen lagen, hatten Anspruch auf Prämienverbilligung.

Mit Abschaffung des Hausarztsystems haben seit dem 1.4.2004 alle in Liechtenstein obligatorisch für die Krankenpflege versicherten Personen (da Kinder bis 16 Jahre keine Prämien zahlen, sind faktisch nur Erwachsene anspruchsberechtigt ), deren Erwerb die Erwerbsgrenzen nicht überschreitet, Anspruch auf Prämienverbilligung.

Die Prämienverbilligung stellt ein sozialpolitisches Korrektiv zur einkommensunabhängigen Pro-Kopf Prämie in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung dar. Einkommensschwache Versicherte sollen auf diesem Weg entlastet werden.

PRAEMIENVERBILLIGUNG

Die stark gestiegenen Prämien und Kostenbeteiligungen entfalten jetzt ihre volle Wirkung und stellen für immer mehr Personen im Land ein grosses Problem dar. Die Freie Liste fordert daher eine Anhebung des Staatsbeitrages um 10 Mio. Franken, um die Prämienbelastung zu senken. Die LIPO schlägt stattdessen eine Erweiterung des Prämienverbilligungssystems vor. Dies hätte den Vorteil, dass gezielt die unteren Einkommen entlastet werden können und nicht eine Subventionierung der Prämien aller Versicherten erfolgt.

Das heutige System mit 2 Einkommensgrenzen ( bis CHF 30 000 bzw. CHF45000 für Alleinstehende und einem Zuschlag von jeweils 20% für Ehepaare) und Prämiensenkungssatz von 60% bzw. 40% könnte einem früheren Vorschlag zufolge ausgeweitet werden, indem in einem dreistufigen Modell sowohl die Erwerbsgrenzen als auch die Reduktionssätze hinaufgesetzt werden. Dadurch könnten breitere Bevölkerungsschichten als heute von einer Prämienverbilligung profitieren.

Nachdem eine frühere KVG-Revision (2013) einen 70%-Freibetrag für AHV/IV-Rentner abgeschafft hatte, ist die Bezügerzahl um rund 35% zurückgegangen (hauptsächlich betroffen waren naturgemäss Rentner). Konnten im Jahr 2013 noch 4055 Personen von einer Prämienverbilligung profitieren, waren es im Jahr 2015 nur noch 2708 Personen. Waren es im Jahr 2013 (vor Inkrafttreten der KVG-Revision 2013) noch 13.3% der erwachsenen Prämienzahler, waren es im Jahr 2014 (nach Inkrafttreten der Revision) noch 8.7% (Quelle: Jahresbericht 2015, Prämien- verbilligung für einkommensschwache Versicherte, Amt für Gesundheit).

In der Schweiz hat rund ein Drittel der Bevölkerung Anspruch auf eine Prämienverbilligung. Bei einer Verdoppelung der Anspruchsberechtigten in Liechtenstein um weitere 2700 Bezüger auf 17.4% wäre das noch immer nicht mehr als rund die Hälfte des Prozentsatzes in der Schweiz. Legt man die durchschnittliche ausbezahlte Prämienrückerstattung für 2015 von rund 1860 Franken zugrunde, entspräche das einer Summe von rund 5 Millionen Franken an zusätzlichen Kosten für das Prämienverbilligungssystem. Und erst bei einer Erhöhung um weitere 2700 Bezüger wären die 10 Millionen Franken erreicht, um die die Freie Liste den Staatsbeitrag für alle erhöhen will.

Die LIPO sieht es für dringlicher an, gerade die unteren Einkommen zu entlasten.

Die LIPO fordert im Sinne und im Interesse der Versicherten bzw. Patienten, die freie Arztwahl im Lande wieder einzuführen.

Was heisst freie Arztwahl

In der Schweiz hat jeder Versicherte/Patient innerhalb des Landes die freie Arztwahl. Das bedeutet, dass jeder Versicherte jeden Arzt im Land konsultieren kann; er braucht dafür keine Zusatzversicherung. Jede Krankenkasse muss mit jedem Arzt, sofern dieser eine Zulassung zur Berufsausübung der zuständigen Behörde hat, einen Vertrag abschliessen (Kontrahierungszwang), sodass die Leistungen für jeden Versicherten gedeckt sind.

In Liechtenstein wurde mit der Einführung der Bedarfsplanung die freie Arztwahl aufgehoben. Jeder Arzt muss, wie in der Schweiz, eine Bewilligung zur Berufsausübung von der zuständigen Behörde (Amt für Gesundheit) haben, Die Krankenkassen müssen nun aber nicht mit jedem Arzt einen Vertrag (den sogenannten OKP-Vertrag) abschliessen, sondern nur mit jenen, die in die Bedarfsplanung aufgenommen werden.

Das bedeutet aber gleichzeitig, dass auch der Versicherte/Patient nicht alle Ärzte konsultieren kann, sondern nur jene, die einen OKP-Vertrag mit der Kasse haben. Will er einen Arzt konsultieren, der zwar eine Bewilligung zur Berufsausübung, aber keinen Vertrag mit den Kassen hat, muss er entweder die Leistung aus eigener Tasche (Selbstzahler) berappen oder seinerseits mit der Kasse eine Zusatzversicherung (OKP-plus) abschliessen.

 

Warum fordert die LIPO die Wiedereinführung der freien Arztwahl

Wie sich gezeigt hat, birgt die Verknüpfung der OKP-Zulassung der Ärzte mit der Wahlmöglichkeit der Versicherten/Patienten für letztere massive Risiken. Der Versicherte hat in Liechtenstein einen Vertrag mit seiner Krankenkasse (und nicht mit dem Leistungserbringer) und zahlt dort Prämien. Wenn er keine OKP-plus Versicherung abschliessen kann oder will (das ist immerhin der Grossteil der Versicherten) kann er nur Ärzte konsultieren, die einen OKP-Vertrag haben. Wer nun einen OKP-Vertrag bekommt, behält oder selber abgibt (es kann schliesslich auch niemand gezwungen werden, seinen OKP-Vertrag zu behalten), liegt völlig ausserhalb der Einflusssphäre des Versicherten selber. Massnahmen gegen Ärzte im Bereich der Bedarfsplanung haben unweigerlich auch immer Konsequenzen für den Versicherten. Bei  grundsätzlich freier Arztwahl wie in der Schweiz, ist die Wahlmöglichkeit des Versicherten nicht davon abhängig, ob der Arzt einen OKP-Vertrag hat oder nicht. Mit anderen Worten, die Schweiz kennt unser System der Bedarfsplanung nicht. Trotzdem sind nötigenfalls Sanktionen gegen Ärzte möglich, ohne dass aber per se auch gleichzeitig der Versicherte davon betroffen wäre.

Es hat sich zudem die letzten Jahregezeigt, dass in den umliegenden Ländern – politisch gewollt – zu wenig Ärzte ausgebildet wurden. Gerade bei Spitalärzten treten bspw. in der Schweiz in vielen Fachbereichen bereits heute Engpässe auf. In der Folge erfahren die verfügbaren Spitalärzte eine hohe Wertschätzung und Verbesserung ihrer Arbeits- und Einkommensbedingungen, die Neigung, eine eigene Praxis zu eröffnen, nimmt ab und es beginnt sich so ein Ärztemangel auch bei den niedergelassenen Ärzten bemerkbar zu machen (diverse benachbarte  Gemeinden im Kanton St.Gallen bieten Ärzten, Hausärzten, Internisten etc. bereits an, ihnen die Praxis zu stellen).

Die Bedarfsplanung in Liechtenstein bildet eine zusätzliche Hürde für künftige ( junge) Ärzte.

Wie die Gesundheitsversorgungsstatistik 2016 ( Seite 15) ausweist, sind rund die Hälfte unserer Ärzte bereits dem Alterssegment 55+ zuzurechnen. Das betrifft auch die Ärzte ohne OKP-Vertrag, sodass nicht mit einer ja vorhandenen und genügend langen Warteliste argumentiert werden kann. Sie sind heute Bestandteil unserer Versorgung und werden wie ihre Kollegen mit OKP-Vertrag zu einem grossen Teil altershalber ebenfalls in den nächsten 5-10 Jahren ausscheiden.

Auch bei Betrachtung der Kostenfrage sprechen Zahlen und Fakten eine klare Sprache: die Wachstumsrate der Gesamtbruttokosten hat in den letzten Jahren abgenommen, ebenso wie die Steigerungsrate im Kostensektor Arzt ambulant, letztere liegen deutlich unter den Steigerungsraten der Gesamtbruttokosten. Die Gesamtkosten im ambulanten Sektor (Arzt ambulant, Spital ambulant) sind in Liechtenstein nicht wesentlich höher als in der Schweiz und selbst gegenüber SG nur rund 10% höher. Das lässt darauf schliessen, dass es dort, wo die  ambulante ärztliche Versorgung weniger gut aufgestellt ist, zu Verschiebungen ins Spitalambulatorium bzw. in den ambulanten Spitalbereich kommt.

Schlussfolgerung: In der heutigen Situation empfiehlt es sich, die Bedarfsplanung ersatzlos zu streichen und dem Versicherten in Liechtensteins die freie Arztwahl zurückzugeben!

 

HISTORIE

Warum wurde die freie Arztwahl seinerzeit abgeschafft:

Im Zuge des EWR-Beitrittes 1995 musste Liechtenstein aufgrund der vertraglich eingegangenen Verpflichtungen (Grundfreiheiten: Freier Personen-,Kapital-,Waren- und Dienstleistungsverkehr ) allen aus dem EU/EWR-Raum stammenden Ärzten und anderen Leistungserbringern die Berufsausübung in Liechtenstein gestatten. Den Bedenken der Ärzteschaft (damals noch des Ärztevereins; die Ärztekammer wurde erst später per Gesetz eingeführt mit Zwangsmitgliedschaft jedes Arztes), dass dies zu einem Zustrom von Leistungserbringern und einem Kostenschub führen werde und man deshalb, wie bei der Personenfreizügigkeit geschehen, eine Sonderlösung aushandeln müsse, wurde von politischer Seite völlig ignoriert und auch die Wirtschaftskreise kümmerte das wenig. Prominente Vertreter der Politik drückten das so aus: Konkurrenz belebt das Geschäft. Ob solche Verhandlungen Erfolg gehabt hätten, ist schwer zu sagen, da ja nicht einmal der Versuch unternommen wurde.

In der Folge kam es dann auch zu einer relativ hohen Zuwanderung insbesondere von Ärzten (und auch Zahnärzten).Die Verantwortung dafür liegt jedoch nicht bei den Ärzten, sondern bei der Politik.

Konfrontiert mit wachsenden Zustrom und Kosten sah sich die damalige Regierung veranlasst, diesen Zustrom (vor allem Vorarlberger Ärzte konnten nicht davon abgehalten werden, in Liechtenstein eine Zweitpraxis zu eröffnen, da die single rule Regelung von der ESA als nicht EWR-konform eingestuft und damit hinfällig wurde) EWR-konform zu regulieren und versuchte das mit der Einführung des Hausarztmodells im Jahre 2000.

Durch verschiedene Anreize, wie

  • eine mindestens 10%ige Prämiensenkung,
  • die Befreiung der Kinder von 0-16 Jahren von Prämien
  • Befreiung von Chronisch Kranken und Kindern von der Kostenbeteiligung und
  • Einführung des Prämienverbilligungsmodells

waren schliesslich rund 75% im Hausarztmodell versichert. und jedem war klar, dass er damit die freie Arztwahl aufgab.

Mit Regierungswechsel im Jahr 2003 wurde das Hausarztmodell aus politischen Gründen, angeblich wegen der ausufernden Kosten, abgeschafft, was statistisch nicht belegt werden kann.

Zunächst wurde versucht, über einen Zulassungsstopp von Ärzten eine weitere Zuwanderung zu verhindern. In Tat und Wahrheit konnte dieser Stopp aber faktisch nur 1 Jahr aufrecht erhalten und die Kosten mitnichten gebremst werden.

Daraufhin wurde die heutige sogenannte Bedarfsplanung als EWR-konformes Mittel zur Einschränkung des Zuzugs von Ärzten eingeführt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes soll damit eine Unter- aber auch Überversorgung mit Ärzten (und anderen Leistungserbringern) vermieden werden. Es erfolgte bei der Einführung keine Planung des Bedarfs, sondern allen damals im Land niedergelassenen Ärzten wurde im Sinne der Besitzstandwahrung ein OKP-Vertrag erteilt, auch denen, die aufgrund des Zulassungsstopps bereits auf der Warteliste standen. Gleichzeitig wurden die Anreize, die für die Wahl des Hausarztsystems geboten worden waren (Prämienermässigung, Prämienbefreiung der Kinder von 0-16 Jahren, Befreiung von Chronisch Kranken und Kindern von der Kostenbeteiligung, Prämienverbilligung) nun für alle Versicherten beibehalten.

Die Kassen wurden vom Kontrahierungszwang (d.h., die Kassen müssen nun nichtmehr mit jedem Arzt einen Vertrag abschliessen) befreit. Für den Versicherten/Patienten bedeutete das aber die Aufhebung der freien Arztwahl ! Da ja alle im Lande ansässigen Ärzte einen OKP-Vertrag hatten, war dies für den Versicherten bzw. Patienten zunächst auch nicht spürbar bzw. mit Konsequenzen verbunden, da er ja auch ohne Zusatzversicherung alle Ärzte im Land aufsuchen konnte.

Das grosse Plus des damaligen Hausarztmodells, nämlich die Koordinationsfunktion, die sich neben ihrer Wirkung zur Kostenkontrolle bzw. -senkung vor allem positiv auf die Patientensicherheit ausgewirkt hätte, fehlt dem heutigen Modell der Bedarfsplanung ganz.

In der Schweiz gibt es diesen Kontrahierungszwang noch immer. Fall weise wird mittels Ärztestopp die Eröffnung neuer Arztpraxen, insbesondere Spezialarztpraxen, verhindert. Der Versicherte ist dadurch aber in keiner Weise in seiner Arztwahl bei den bestehenden Ärzten eingeschränkt, das heisst, die Versicherten haben innerhalb der Schweiz freie Arztwahl (ausser sie sind in einem HMO-Modell versichert).

Im weiteren wurden die Liechtensteiner Kassen bei Einführung der Bedarfsplanung gesetzlich verpflichtet, eine günstige Zusatzver- sicherung anzubieten (40 CHF monatlich), mittels derer die freie Arztwahl erkauft werden konnte (heute haben von den rund 39000 Versicherten ca. 9000 eine OKP-plus). Gleichzeitig wurden die Kassen verpflichtet, aus der OKP 50% der Kosten beizusteuern, wenn sich ein Versicherter ohne Zusatzversicherung bei einem Arzt ohne OKP-Vertrag behandeln liess. Zudem wurde das Überweisungsformular sehr frei gestaltet. Aus diesen Gründen konnte die ursprüngliche Absicht, den Zustrom aus dem EWR abzublocken, auch nicht erreicht werden. (Erst mit der KVG-Revision 2012 wurde festgelegt, dass die Kassen die 50% für Arztbesuche ausserhalb der OKP nicht mehr leisten müssen (ausserdem wurde die Zusatzversicherung – also Privat- versicherung – in die Grundversicherung integriert, die heutige OKPplus, mit dem Vorteil, dass auch Versicherte im Rentenalter diese Versicherung abschliessen können).

Zusätzlich mussten aufgrund es Notenwechsels aus dem Jahr 1939 den St.Galler Ärzten zusätzliche OKP-Verträge erteilt werden. Heute haben von den rund 110 praktisch tätigen Ärzten(gemäss Gesundheitsstatistik 2016 118 Ärzte inklusive Landesspital) im Land ca. 60-65 einen OKP Vertrag und ebenfalls rund 20 Ärzte aus dem benachbarten Kanton SG. Damit ist die Aufhebung der freien Arztwahl für den Patienten in den letzten Jahren erst richtig fühlbar geworden (heute gibt es bereits mehr Mitglieder der Ärztekammer ohne OKP-Vertrag als mit).